Freitag, 16. Mai 2014

...auf Nordschleife zum Ring! Tour 4

Fahles Licht dringt durch die blassgelben Gardinen, die Heizung rauscht und es riecht nach feuchter Kleidung. Der Geruch zieht an mir vorbei und kommt mir bekannt vor. Mein Denkapparat beginnt gerade mit der Frühschicht und zieht vorsichtig an einem Nerv der irgendwie mit den Augen verbunden zu sein scheint; die Augen öffnen sich.

Erster! Noch vor dem Handy bin ich aufgewacht, jedoch dauert es nicht lange und ich werde eingeholt. Ich suche nach der Fläche auf dem ultraglatt polierten Display die mir das Ausschalten des Klingeltons gestattet. Früher war alles einfacher, da gab es Tasten. Sowas haben heute nur noch Außenseitergeräte sowie die EierTelefone aus dem Jobs-Center.

Die Suche ist erfolgreich, das Handy stumm nur die Heizung rauscht immer noch.
Das Fenster hatte ich nachts leider nicht öffnen können, der besagte Standard des Hauses sah damals nur Flügelfenster ohne Kippmöglichkeit vor. Die Luft war durch den Trockenprozess meiner Kleidung etwas stickig, vielleicht habe ich aber auch deshalb so gut geschlafen. Wie auch immer, es wird Zeit aufzustehen, Frischluft hereinzulassen und die Heizung herunterzudrehen.

Die Handschuhe liegen noch auf der Heizung, alles andere hätte mich auch gewundert, jedenfalls sind sie schön trocken geworden und die Anprobe zeigt mir, dass sie auch nicht hart geworden sind, der Tag fängt gut an.

Ich beginne die überall im Raum herumhängende Kleidung abzuhängen und prüfe dabei ob es noch nasse Stellen gibt. Es gibt keine wie ich erkennen kann sodass ich beginne die Membranschichten in Hose und Jacke einzufädeln. Das geht recht flott denn die Befestigungs-Reißverschlüsse sind dank der weit ausstellbaren Ärmel und Hosenbeine gut erreichbar.

Nun bin ich selbst an der Reihe, die Motorik ist soweit in Betrieb sodass die Morgenwäsche ohne Komplikationen verläuft. Jeans und Hemd liegen schon bereit es wird Zeit zur ersten Nahrungsaufnahme. Im Saal des Restaurants ist schon alles vorbereitet. Interessanterweise ist genau der Tisch mit nur einem Gedeck versehen, an dem ich gestern Abend saß.
Ich erkenne diese freundliche Weisung und nehme den Platz an.

Brötchen, Croissant, Butter und eine Auswahl an Belag liegt schon bereit, es fehlt lediglich der Kaffee. Gut, dass Frühstück in Eguisheim war reichhaltiger und Eier zum Selberkochen werden hier auch nicht geboten, das Leben wie Gott in Frankreich scheint nicht überall gleich verteilt zu sein.

Wieder auf dem Zimmer angekommen mache ich mich für die Abreise fertig, verpacke ich alles wieder einzeln in Plastiktüten und verstaue die Päckchen in die nun nicht mehr ganz so quietsche-gelbe Rolle. Diese hat durch den aufwirbelnden feinen Sand der Tour etwas Farbe abbekommen. Das stört nicht weiter, zu Hause werde ich mich darum kümmern.

Mir kommen erneut Fragen zu der Genesis meiner Alu-Koffer in den Sinn.
Bestimmt steht gerade ein einsamer Schmid in seiner Werkstadt, irgendwo in einem gut versteckten Klickerkaff dessen Namen keiner Landkarte bekannt ist, hämmert und dengelt das frisch aus China eingetroffene Alu Blech für meine Koffer in Form.
Nur mein Lieferant weiß davon sicher noch nichts und rätselt weiterhin, wann er mit dem Eintreffen der heißersehnten Lieferung rechnen kann.

Derweil rechne ich mir die Kilometer meiner heutigen Etappe zusammen und schaue auf dem Navi nach der nächsten Tankstelle. Nicht weit entfernt soll es eine geben, das passt gut. Bevor die Fahrt losgeht mache ich noch ein paar Aufnahmen des Hotels und des kleinen Kanals dessen Staustufe auf dem Flüsschen Zorn sogar die Durchfahrt von größeren Sportbooten ermöglicht.


Über dem Ort thront ein dicker Felsen, der Farbe nach scheint es Sandstein zu sein und es sieht aus als hätte dort in früheren Zeiten eine Befestigungsanlage gestanden.


Es geht los, zunächst einmal zur Tankstelle nach Phalsbourg. Die Supermarktkette der die Tankstelle angeschlossen ist nennt sich Leclerc, das erinnert mich an die hier einheimische Süßspeise Leclerc aber, wie ich später in Google nachlese gibt es auch einen französischen Kampfpanzer, der nach einem General des Zweiten Weltkriegs benannt ist.
Das Tanken sollte aber ohne größeren Kampf ablaufen.

Es hat sich eine Schlange an der Zapfstelle gebildet, zwei Säulen stehen zur Verfügung, jedoch ist reger Betrieb und ich stelle mich hinten an. Das Auto vor mir, bzw. dessen Fahrer weiß scheinbar nicht genau wohin und fährt mir im Rückwärtsgang langsam entgegen.
Ich weiche in weiser Voraussicht aus, fahre an ihm vorbei und stelle mich allerdings erst einmal an die Seite, da mir nicht ganz klar ist ob ich hier bar bezahlen kann oder einen Ausweis für den Supermarkt benötige um meinen Tank zu füllen.

Ein älterer Herr bietet sich mir als Frageopfer, doch er versteht mich nicht, ich ihn leider auch nicht. Mein Französisch hat sich über Nacht nicht verbessert. OK, das kann passieren, also versuche ich mein Glück bei der Kassiererin die in einem Glashäuschen ihr Dasein fristet. Sie versteht mich und ich bin mir nun sicher dass ich Benzin gegen Bares eintauschen kann. Ich warte bis ich an der Reihe bin, tanke, zahle und ziehe zufrieden davon.

Über die Landstraßen D104 und D178 geht es in Richtung Petit Pierre, eine herrliche Landschaft, immer wieder geprägt durch eindrucksvolle Sandsteinfelsen, ähnlich dem der mir in Lutzelbourg auffiel. Diese Felsen, deren Ausläufer teils bis an die Straße heranführen, mussten allerdings vor Urzeiten von starken Wassermassen umgeben und ausgefräst worden sein. Imposante Schleifspuren und Abtragungen der Witterung lassen sich im Vorbeifahren gut erkennen.

Ich habe es noch nicht erwähnt, heute habe ich die Regenhose an, habe aber auf die wasserdichte Jacke erst einmal verzichtet. Noch ist es trocken und es sieht beständig aus. Da ich aber noch einige Kilometer vor mir habe möchte ich die Erfahrungen der letzten Tage nicht außer Acht lassen und heute wenigstens im Untergeschoß auf Nummer Sicher gehen.

Viel Verkehr gibt es hier nicht und so fahre ich ungestört weiter durch kleine verschlafene Ortschaften in Richtung Lemberg dann weiter über Siersthal und Volmunster, nach ein paar Kilometern geht es links über einen kleinen Bach hinweg.
Mir fällt auf, dass die Straßenschilder plötzlich eine andere Farbe haben.
Ohne es zu merken überfahre ich die ehemalige Grenze und bin wieder in Deutschland, bzw. im Saarland, ein komisches Gefühl.

Wie sich die Menschen hier zur Zeit der geschlossenen Grenzen wohl gefühlt haben mögen, so dicht am Nachbarn und doch durch einen winzigen Bach getrennt.
Aber so ähnlich kennen wir das ja selbst heute noch mit der liebevoll verspotteten Trennung zwischen Wiesbaden und Mainz, als auch zwischen Köln und Düsseldorf und sicher auch anderorts, Trennung die eigentlich im Kopf entsteht.

Aber mit der Überschreitung der Landesgrenze es hat sich auch etwas verändert. Die Ortschaften sind irgendwie gleichmäßiger, die Straßen breiter und der Teer, ein Gedicht. Irgendwie gefiel mir die Ursprünglichkeit der französischen Seite aber besser.
Umkehren ist keine Option, also weiter geradeaus und die typisch deutsche Ordentlichkeit akzeptiert. Immer weiter Richtung Norden über Blieskastel, Neunkirchen geht es durch Ottweiler auf der B41 weiter, wo ich mich nun auch ob der stabilen Wetterlage nun endlich von meiner Regenhose trennen kann.


Tempobeschränkungen gab es in Frankreich kaum, die hat man scheinbar alle nach Deutschland verschenkt und hier gerne angenommen. An jeder kleinen Kurve eine Warnung und Drosselung auf 70, teilweise sogar auf 50, ein Riesenspaß, nicht nur für Motorradfahrer.
Irgendwann öffnet sich die Straße und Beschränkungen sind keine mehr zu sehen, ich drehe am Gas und lass es ordentlich brummen. Der Fahrtwind rüttelt an meinem BMW Helm, Model Crow Edge. Als ich mich für den Helm entschied war mir klar, dass dieses Model nicht zu den Leisesten zählt und auch der Enduro-Like vorstehende Schirm eine Geräuschquelle ist, aber mir gefällt diese Helm Form so gut, dass ich die Nachteile gerne in Kauf nehme. Ich gleiche das Defizit dadurch aus, indem ich Autobahnen meide und meistens nicht schneller als mit 120 Km/h unterwegs bin. Sollte ich einmal eine Tour über die  Autobahn machen wollen, und bis dahin stolzer Besitzer von Alu-Koffern, werde ich das Visier zumindest für die höheren Geschwindigkeiten abbauen und verstauen.

Die Strecke zieht sich und recht lange dahin als ich auf zwei vorausfahrende Autos aufschließe, und da mir diese auf Dauer zu langsam sind setze ich zum Überholen an.
Die Straße verläuft hier in einer langen Rechtskurve leicht bergab und ist in Bezug auf den Gegenverkehr gut einzusehen. Ein Zug am Gas und ich komme am ersten vorbei, dann der zweite. Als ich gerade einfädeln möchte sehe ich einen zerbrochenen Besenstiel auf der Straße liegen, mitten in meiner Spur. Den hatte ich vorher nicht wahrgenommen und um ausweichen bin ich zu schnell. Ich fahre mitten drüber und zu meiner Freude zieht die BMW  ohne einen Schlenker stur weiter geradeaus.

Im Rückspiegel sehe ich die Brocken auf der Straße tanzen, zum Glück hat der rückwärtige Verkehr nichts abbekommen. Ich wundere mich wo der Besenstiel hergekommen sein mag, doch ob da noch irgendwo ein Straßenkehrer im Graben liegt kann ich auf Grund der Entfernung nicht mehr ausmachen.

Bei Birkenfeld verlasse ich die B41, das Geradeausfahren wurde auch schon langsam langweilig und so komme ich wieder auf kleine kurvenreiche Straßen die mich weiter in Richtung Mosel bringen. Es geht wieder auf und ab, eine wahre Freude!

Vor Longkamp halte ich auf einer Bergkuppe auf einem Waldweg für eine kurze Rast an und vertrete mir etwas die Beine. Ich höre ein Auto die Straße heraufkommen und auf der anderen Seite der Kuppe etwas unterhalb anhalten und drehen. Mittlerweile bin ich auf dem Rückweg zum Motorrad, als der Wagen zurückkommt. Ich sehe einen alten VW Golf in dunkler Farbe mit zwei Typen besetzt. Als sie gerade Anhalten wollen sehen sie mich, biegen dann in den gegenüberliegenden Feldweg ein, drehen erneut und setzen die Fahrt in ihrer ursprünglichen Richtung fort.
Ich gehe mal davon aus, dass sie sich nur mein Moped ansehen wollten.

 
Nach längerer Talfahrt komme ich nach Traben-Trabach, einem Weinort an der schönen Mosel gelegen. Unzählige Wanderer sind unterwegs die sich in langen Schlangen durch den Ort und über jeden Zebrastreifen schieben. Reduziertes Tempo ist angesagt, so kann ich mich etwas umsehen und den Mittelalterlichen Ort bestaunen. Die Luft ist noch etwas diesig aber es ist schön trocken und warm geworden, doch das wird sich aber auf der weiteren Fahrt wieder ändern, denn es geht ja nur noch aufwärts.

Die Wanderer haben ein Einsehen und gewähren mir Durchfahrt über ihren heiligen Zebrastreifen, ich kann nun endlich über die schmale Brücke zur anderen Seite des Flusses fahren. Es geht wieder hinauf auf die Höhe und entlang der K63, bis ich die Bundesstraße 49 überquere und auf die K35 in ein Waldstück einfahre.

Ich habe es nur im Augenwinkel gesehen, habe aber keine Ambition nochmals umzudrehen. Ein Schild zeigte ein Durchfahrtsverbot für Motorräder zischen 8:00 Uhr und irgendetwas und nochmals von, keine Ahnung bis, weiß ich auch nicht. Es ging zu schnell und, was soll das Schild auf meiner Strecke? Irgendetwas von Bad Bertrich und Kurort habe ich noch erkannt, doch das Schild war schon zu weit weg. Ich mache mir Gedanken.

Bad Bertrich, da bin ich doch schon ein paarmal durchgefahren, mir ist da aber nichts Wesentliches aufgefallen. Also weiter durch den Wald, eine Traumhafte Strecke, kein Gegenverkehr, ein Fahrgefühl wie in den Vogesen auf meiner Tour 3, allerdings ohne Regen.

In Bonsbeuren zische ich an einem weiteren Schild mit gleicher Warnung vorbei. Ich habe es schon wieder zu spät gesehen und wieder fahre ich weiter, das Gewissen schläft aber nicht. Engelchen und Teufelchen führen heftige Diskussion, der Teufel gewinnt, ich höre auf ihn.

 
Etwas weiter geht es dann in recht engen Serpentinen hinab nach Bad Bertrich in den Ort hinein. So ein Käse, hier ist ja wirklich Kurgebiet, ich bekomme ein schlechtes Gewissen.
So leise wir können tuckern die BMW und ich durch den Ort, Aufsehen erregen wir dennoch keins. Da Bad Bertrich zum Glück recht klein ist muss das Gewissen nicht lange leiden.

Weiter geht es über die L104 auf die B421, eine wahre Rennstrecke, denn mittlerweile bin ich in der Eifel angekommen, die ja für schnelle Pisten bekannt ist.
Eine gute Gelegenheit den Auspuff etwas atmen zu lassen.
Auf diesem Abschnitt gibt es eigentlich keine Kurven und das macht meinem Navi, dem ich ja zuvor die Order gegeben habe kurvenreiche Strecken zu wählen scheinbar etwas Kopfzerbrechen.
So erhalte ich das Angebot, an einer Abzweigung ca. 50 Meter in eine Straße einzufahren um dann nach weiteren 50 Metern wieder in einem 90 Grad Bogen zurück auf die B421 zu fahren. Ich lehne dankend ab, halte weiter geradeaus und überlege, ob ich nicht mal bei Garmin anrufen soll.

Etwas weiter biege ich rechts ab und fahre wieder auf kleinen Landstraßen dahin. In Winkel (Eifel) ist dann die Straße gesperrt, angeblich kein Durchkommen.
Drei Typen die mich eben noch auf ihren Rennsemmeln mit gelben Kennzeichen überholt haben stehen am Ortseingang und rätseln. Ich fahre vorbei da ich mir wenigstens die Baustelle ansehen möchte.
Erfreulicherweise ist auf der anderen Seite des Ortes lediglich der Asphalt abgehobelt und die Straße uneben, für meine Maschine also kein Problem und so geht es auf diesem Wege weiter.

Kurz nach der Ortsdurchfahrt halte ich an um mein Ankommen bei meinem heutigen Ziel telefonisch anzukündigen. Die Funkverbindung ist ziemlich schlecht und bricht wieder ab. Der Empfang seit der Umstellung auf meinen neuen Anbieter lässt wirklich zu wünschen übrig – mit dem zweiten hört man schlechter fällt mir dazu nur ein.
Dann klappt es doch, laut Navi noch eine Stunde, und wie ich nachher bestätigt bekomme ist es exakt eine Stunde.

Nach einiger Zeit komme ich durch den Ort Ulmen hindurch, fahre parallel zur B257 über Seitenstraßen um dann vor Kelberg wieder auf die B aufzufahren. In Kelberg geht es im Kreisel links ab, um nach ein paar Ortsdurchfahrten dann durch ein grandioses Waldstück fahren zu dürfen.
Viele Kurven folgen auf weiten Feld-und Wiesengebieten, bis ich auf der K3 durch den Ort Pomster komme, die B258 überquere, und dann der K18 folgend den Berg hinabfahre.
Die Strecke führt in den Wald hinein, an einem malerischen Fischerteich vorbei und dann wieder hinaus über eine recht Enge Straße an grünen Wiesen vorbei.

Um 16:30 erreiche ich mein Ziel in der Nähe des Nürburgrings, auf die Minute pünktlich.
Ohne Ermüdungserscheinungen und ohne erschlaffte Gesäßmuskeln habe ich die 290 Km in 6 Stunden Fahrt mit nur kleinen Verschnaufpausen erreicht.
Ich bin sehr zufrieden mit dem Fahrkomfort meiner BMW und parke das gute Stück vor dem Haus.

Hier habe ich eine Verabredung mit dem Dorfältesten, zumindest würde man ihn in anderen Kulturkreisen so bezeichnen. Später kommt seine gute Fee dazu und wir trinken erst einmal einen leckeren Kaffee. Die Stimmung ist gut und es verspricht ein schöner Abend zu werden. Der Hunger stellt sich ein, viel habe ich heute seit dem Frühstück ja auch nicht mehr zu mir genommen und so brechen wir auf.

Wir kehren beim freundlichen Eifel-Italiener ein dessen Lokal durch die vielen Nürburgring Touristen während der Saison gut besucht zu sein scheint. Heute am Freitagabend ist allerdings nicht viel los, nur einzelne Tische sind besetzt sodass wir uns ungestört unterhalten können. Das Lokal ist funktional und ohne viel Schnickschnack eingerichtet, der Preis des schönsten Eifellokals ist allerdings auch schon seit einigen Jahren mehrfach vorbeigefahren.

Der Wirt kommt, man kennt sich, was sicher auch damit zu tun hat, dass der Herr schon einige Dekaden hier leben muss. Als er nach Deutschland kam gab es den Begriff „Migrationshintergrund“ noch nicht, damals hatte ich auch noch kein schlechtes Gewissen einen Negerkuss haben zu wollen oder beim Bäcker ein Mohrenkopfbrötchen zu kaufen.
Heute kommst du dafür in den Knast, ja die Zeiten sind härter geworden.

Block und Stift gezückt nimmt der gute Mann die Bestellung auf. Den Block dabei in der linken Hand haltend, den Hals gereckt, den Blick etwas von oben herab und leicht seitlich gedreht sieht das sehr professionell aus, das schafft Vertrauen in die Küche.
Wir ordern Bruschetta um den nötigsten Hunger zu stillen, dazu noch einen  Hauptgang. Der Bruschetta-Berg hätte uns womöglich auch gereicht wie wir noch feststellen werden.

Die Farben der Bruschetta erinnern mich an die Italienische Flagge. Das einschlägig bekannte Internet Nachschlagewerk, auch Google genannt, erklärt, Grün stehe für die Natur des Landes, Weiss für die Farbe der Alpengletscher und das Rot für das vergossene Blut für die Vereinigung Italiens. Das finde ich interessant und überlege ob die Farben in unserer Flagge dafür stehen, dass sich Schwarz und Rot eine goldene Nase in der Politik verdienen? Ich behalte den Gedanken für mich, wer weiß was ich damit anrichte.

Vier Typen am Tisch auf der gegenüberliegenden Seite kommen offensichtlich nicht von hier. Den Eifeldialekt verstehe ich zwar auch nicht immer, aber es muss sich um eine andere Sprache handeln. Eine Mischung aus Englisch, Niederländisch und Dänisch mit einem Einschlag Bayrisch, zumindest was die gurgelnden Untertöne anbelangt.
Wir rätseln, kommen aber nicht drauf.

Es wird brenzlig, die Menschen aus dem Vierländerkonglomerat haben sich je einen heißen Stein bestellt. Das ist ein Speckstein der im Ofen vorgewärmt und dann mittels einer Flamme am Tisch weiter befeuert wird. Auf diesem Stein kann der Hobbykoch sich dann ein Steak nach seinem Geschmack braten.
Der Dorfälteste ist sehr skeptisch, er hat da scheinbar schlechte Erfahrungen gemacht.
"Hoffentlich kippen die da kein Salz drauf murmelt er".

Wenn das Salz auf den heißen Stein kommt fängt das ziemlich an zu stinken, und wenn das gleich vier Mann machen wird es unangenehm. Irgendwo hängen auch Warnschilder sagt er. Das Risiko wird durch den erfahrenen Wirt erkannt, es gibt eine Einweisung und die vier sind gelehrig. Vielleicht hat er ihnen aber auch das Salz weggenommen, ich habe es nicht genau sehen können.

Zum Hauptgang hat die Fee ein Steak bestellt, der Dorfälteste einen Salat und ich eine Portion Nudeln mit Lachs. Die Fee knabbert ziemlich an dem Steak, meine Mutter hätte das Stück als Heimweh-Fleisch bezeichnet – "voller Sehnen".
Während ich mit den Nudeln kämpfe bringt die Chefin des Hauses mein 2. Radler. Ich habe Durst, die Bruschetta war recht würzig und nach der langen Fahrt brauche ich Flüssigkeit, allerdings merke ich den Alkohol schon etwas.
Da die gute Fee heute das Los des Heimfahrers gezogen hat kann ich mir das erlauben.

Viel gekaut und viel gesprochen, gezahlt und dem Wirt ein „Arrivederci“ gewünscht machen wir uns zur Heimreise bereit. Doch bevor wir fahren möchte ich noch etwas klären.
Wo sie den herkommen spreche ich vier Herren vom Tisch gegenüber an. Ich versuche es gleich auf Englisch, Deutsch schied mir als Option aus. Englisch passt und wir kommen ins Gespräch. Sie seien Schweden und wären für Trainingsrunden mit ihren Rennwagen angereist um auf dem Nürburgring ein paar Schleifen zu drehen.
Hals- und Beinbruch möchte ich Ihnen bei ihrem Vorhaben nicht wünschen, zumal ich auch nicht wüsste, wie das auf Englisch heißen könnte, also verabschieden wir uns mit einem „have a great time and enjoy your stay!“.

Zu Hause beim Dorfältesten angekommen, es hat wieder geregnet, möchte ich die BMW noch in das Carport schieben. Dummerweise parkt der Nachbar soweit vor der Einfahrt, dass gerademal ein Lenker breiter Spalt Platz ist um die Maschine da hinein zu manövrieren.
Die Wirkung der Radler macht mich etwas unbekümmert, und da wir ja zu zweit sind kriegen wir das schon hin. Es ist aber doch etwas eng und die rechte Fußraste bleibt immer wieder am Pfosten des Carports hängen. Also wieder raus und in einem anderen Winkel erneut versucht. Ich stehe zwischen BMW und dem die Einfahrt versperrenden Auto als die BMW etwas zu mir kippt. Ich kippe auch, zum Glück fängt mich die Motorhaube des PKWs und ich fange mich und die BMW. Das ging gerade nochmal gut, bis auf einen nassen verlängerten Rücken ist nichts passiert. Aber das ist der entscheidende Moment in dem wir an dem Pfosten vorbeikommen.
Der Rest ist dann Routine, die Maschine steht im Trockenen.

Den Abend lassen wir noch etwas ausklingen bis die Müdigkeit uns in die Federn ruft.
Die letzte Etappe meiner 5 Tage Reise steht schon vor der Tür.
Licht aus!


Tour 4

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